17.11.2021
Wohin entwicklet sich unsere Trauerkultur?
Podiumsdiskussion mit erfahrenen Fachleuten
Gut 30 Personen waren dem Angebot des Hospizvereins gefolgt, sich im Rahmen einer Podiumsdiskussion über die fortschreitenden Veränderungen in unserer Trauerkultur Gedanken zu machen. Sehr hilfreich war es dabei, dass der Verein gleich vier „Profis“ eingeladen hatte, die aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz berichten konnten.
Da war zum einen Pater Franz Richardt ofm aus dem Haus Ohrbeck. Als Ausbilder für die Sterbe- und Trauerbegleitung, aber vor allem auch als Priester und Seelsorger gehören für ihn das Sterben und die Begleitung trauernder Angehöriger zu seinem Alltag. Sein Credo lautet: „Trauernde aus der Ohnmacht holen, ihnen zuhören und eher still bleiben, statt mit Phrasen zu kommen.“
Trauernde fühlen sich heute zunehmend alleingelassen. Im Gegensatz zu früher seien Nachbarn, Freunde und das sonstige Umfeld heute oft sehr unsicher, wie sie mit der Situation und mit den Trauernden umgehen sollten. Alte Rituale, die Halt geben könnten, seien verlorengegangen, befand die Bestatterin und Trauerbegleiterin Andrea Brand. Sie hob hervor, wie wohltuend für die Angehörigen häufig das Totengebet am Vorabend der Beerdigung sei. Das sei ihr schon oft rückgemeldet worden. Sie sehe ihre Aufgabe darin, die Angehörigen bis zur Beerdigung in ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen gut zu begleiten. Hilfreich sei für sie dabei ihre eigene umfangreiche Ausbildung zur Sterbe- und Trauerbegleiterin, die sie vor vielen Jahren bei Pater Franz Richardt durchlaufen habe.
Die in der Krankenhaus-Seelsorge tätige Pastoralreferentin Margret Obermeyer berichtete, dass inzwischen in vielen Gemeinden des Bistums Beerdigungen in den Händen der pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lägen. Anders als den Gemeindepfarrern stünde ihnen in der Regel deutlich mehr Zeit zur Verfügung, in der sie sich um die trauernden Angehörigen kümmern könnten.
Klaus Schlautmann-Haunhorst, Fährmann, Sterbe- und Trauerbegleiter sowie Psychologischer Psychotherapeut, ist es in der Begleitung von Sterbenden und trauernden Angehörigen das wichtigste Anliegen, eine gute Beziehung zu den Menschen aufzubauen. Dankbar sei er für die Hagener Hospizgruppe, die dieses Anliegen teile und für die er daher gerne noch einmal werbe. Wichtig sei ihm die Frage Jesu: „Was willst Du, das ich Dir tue?“ und die Übersetzung der „Frohen Botschaft“ in den konkreten Lebensalltag. Der christliche Fährmann erhalte seinen Auftrag von seinem Gegenüber, den Bedürftigen, und hole sie dort ab, wo sie sich gerade befänden. Er gebe ihnen Vertrauen, Halt und Sicherheit und begleite sie ans jenseitige, unbekannte Ufer.
In der weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema waren sich alle vier Podiumsmitglieder einig, dass für Trauernde Orte der Begegnung wichtig seien. So könnten auf Friedhöfen z. B. Bänke oder anregende Skulpturen zum Austausch mit anderen einladen.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Vereinsmitglied sowie Sterbe- und Trauerbegleiter Werner Lukas-Nülle, der Beiträge des Publikums anregte und aufnahm, mit eigenen Fragen ergänzte und dadurch insgesamt für einen reibungslosen und vor allem informativen Abend sorgte. Die Podiumsgäste überraschte er zum Abschluss mit einem symbolischen Dankeschön in Form eines traditionellen „Beerdigungskuchens“.
Direkt am Tag nach dieser Veranstaltung erschien in der NOZ ein lesenswerter Artikel zum gleichen Thema, der einige weitere Aspekte beleuchtet. Diesen Artikel finden Sie hier.